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Freiherr vom Stein und die Deutsche Erhebung von 1812/14   heute: Mittwoch, 11.12.2024


Reichsfreiherr Karl vom Stein (1757 - 1831)

Neuzeit:  Antinapoleonische Befreiungskriege



Freiherr vom Stein und die Deutsche Erhebung von 1812/14



  1. Stein und die französische Revolution
  2. Steins Stellung zu Adel, Bürgertum und Volk
  3. Reichspatriotismus und deutsches Nationalbewußtsein
  4. Staatsmann ohne Staat
  5. Politische Romantik, Reaktion und Frühliberalismus
  6. Nachruhm und geschichtliche Wirkung Steins
Wie konnte es passieren, daß ein adelsstolzer Reichsritter, ein pflichtbewußter preußischer Beamter, zum Anführer einer Volksbewegung wurde? Wie sein erster Dienstherr, Friedrich II. der Große, überließ Stein die deutsche Sprache lieber Pferden und Soldaten. Er war ausdrücklich kein „Mann des Volkes“, geschweige denn ein „Demokrat“. Dennoch brachte er weite Teile des Volkes in Stellung gegen die Fürsten, die korrupten Verbündeten Napoleons. Befeuert von Dichtern und Philosophen, setzte er als Anstifter und Treiber die deutsche Erhebung gegen den französischen Tyrannen ins Werk. Freiherr vom Stein war der Pate der europäischen Befreiungskriege.

Wie konn­te es pas­sieren, daß ein adels­stol­zer Reichs­rit­ter, ein pflicht­be­wuß­ter preu­ßi­scher Be­am­ter, zum An­füh­rer ei­ner Volks­be­we­gung wur­de? Wie sein erster Dienst­herr, Fried­rich II. der Gro­ße, über­ließ Stein die deut­sche Spra­che lie­ber Pfer­den und Sol­da­ten. Er war aus­drück­lich kein „Mann des Vol­kes“, ge­schwei­ge denn ein „De­mo­krat“. Den­noch brach­te er wei­te Tei­le des Vol­kes in Stel­lung ge­gen die Für­sten, die kor­rup­ten Ver­bün­de­ten Na­po­le­ons. Be­feu­ert von Dich­tern und Phi­lo­so­phen, setz­te er als An­stif­ter und Trei­ber die deut­sche Er­he­bung ge­gen den fran­zö­si­schen Ty­ran­nen ins Werk. Freiherr vom Stein war der Pate der eu­ro­päi­schen Be­frei­ungs­kriege.

I. Stein und die französische Revolution

Eine Darstellung der politischen Weltsicht des Freiherrn Karl vom Stein muß bei seinem Verhältnis zur französischen Revolution ansetzen, weil in ihrem Erleben und in ihrer Überwindung eine der wichtigsten Triebfedern für das politische Wollen und Handeln Steins gelegen hat. Er erkannte sie als einen tiefgehenden Bruch in der geschichtlichen Entwicklung Europas, dessen „Bekämpfung der große Inhalt seines Manneslebens wurde“ (1). Die fast durchgängig ablehnende Haltung gegenüber der erschütternden Zerstörung historischer Traditionen in Frankreich stand, so möchte ich es überspitzt ausdrücken, als Motiv hinter seiner gedanklich-politischen Entwicklung vom reinen Verwaltungsbeamten zum Stellung beziehenden Politiker in preußischem Staatsdienst, von da aus zum großen deutschen Gegenspieler Napoleons bis hin zum konservativen Restaurator adeliger Standesvorrechte. Dabei ist deutlich zu erkennen, wie sich die Kritik an der Revolution nach einem indifferenten Überraschungsmoment von nur wenigen Monaten, in denen auch die Nachrichtenlage in Deutschland noch kein festes Urteil erlaubt haben dürfte, rasch zu einem statischen Gebilde aus Abscheu, Furcht und Vorwürfen gegen den französischen Nationalcharakter verfestigte. Im Unterschied zu den regierenden Fürsten, besonders Friedrich Wilhelm III. von Preußen und Franz I. von Österreich, verfiel Stein aber ob seiner Feindschaft gegen das von außen ins Reich drängende Neue nicht in eine Resignation, die ihn politisch gelähmt und ebenfalls in die unter Napoleon verbliebenen Nischen des ancien régime abgedrängt hätte. Anders auch als Hardenberg, Montgelas und Metternich war er nicht bereit, sich auf diplomatische Kungeleien mit den Vertretern der Revolution einzulassen, sondern zog vielmehr aus seiner Abneigung die Inspiration zu einem regelrechten ideologischen Kampf. Aus diesem sind zweifellos seine reformerische Tätigkeit in Preußen und der Wille zur politischen Neuordnung Deutschlands hervorgegangen. Insofern verdankt Steins Suche nach einer deutschen Lösung der gesellschaftlichen und staatlichen Mißstände ihre Anregung durchaus der französischen Revolution, wenn auch die Ausgestaltung seines Weges das Ergebnis von Schulung an einem Negativ-Beispiel ist und aus diesem Grund mit vielen Mängeln behaftet bleiben sollte. Vermutlich aber wäre die Anstiftung Steins zu einer aktiven Rolle in der Politik nicht möglich gewesen, wenn seine Stellung zu den Ideen der Revolution in jeder Hinsicht starr gewesen wäre. Für diese Annahme spricht, daß es auch Beispiele von positiver Ideen-Übernahme gab, von denen am Schluß des Kapitels zu reden sein wird.

Als 1789 die Revolution begann und bis Mitte des Jahres 1790 in Deutschland allgemein durchgedrungen war, daß in Frankreich tatsächlich Umwälzungen von enormem Ausmaß im Gange waren, fand sich Freiherr vom Stein von einem Freundeskreis umgeben, in welchem die Vorgänge und die Ideale des bürgerlichen Aufbruchs teils mit vorsichtiger Skepsis, teils aber auch mit Begeisterung diskutiert wurden. Ritters Stein-Biographie führt sehr anschaulich aus, mit welcher Spannung Stein und seine bürgerlichen Freunde Rehberg und Brandes das französische Drama gemeinsam verfolgten (2). Stein selbst äußerte sich am 10. Juli 1790 in einem Brief an einen befreundeten Standesgenossen zurückhaltend, aber durchaus nicht uninteressiert oder abweisend:

Unsere Freunde jenseits des Rheines beweisen, daß zum practischen Leben Ideen, Reichtum und Fähigkeit, sie mit Leichtigkeit zu verbinden, nicht genug ist, sondern daß es hauptsächlich auf kalte, ruhige Vernunft und einen festen beharrlichen Charakter ankömmt. Es liegt jedoch sehr vieles in denen Proces Verbaux der National Versammlung, und man findet viel Belehrendes darin, […]. (3)

Seine Offenheit gipfelt im selben Brief in dem Wunsch, er wolle selber, wenn möglich, einige Zeit in Frankreich zubringen, um sich ein eigenes Bild von den Vorgängen in Paris machen zu können. Wenn man das nicht als reines Lippenbekenntnis abtun will, so ist zumindest die Ansicht vieler älterer Stein-Biographen, Stein sei von vornherein ein entschiedener Gegner der Revolution gewesen, nicht mehr haltbar (4). Was hier seine Meinung über das Treiben „unserer Freunde jenseits des Rheines“ kennzeichnet, ist allenfalls Ratlosigkeit, aber noch keine Verdammung. Diese zeitweilige Billigung sollte sich schon recht bald in die vertrautere Stein’sche Revolutionsfeindlichkeit verwandeln, nicht zuletzt unter dem Einfluß von Edmund Burkes „Reflections on the French Revolution“. Das darin idealisierte englische Staatsmodell mit seinen Entwicklungsmöglichkeiten entsprach dem traditionalistischen Wesen des Freiherrn weit eher als der umstürzende Charakter der neuen französischen Verfassung von 1791. Erst recht konnte die Ermordung Ludwigs XVI., die Diktatur des „bluttriefenden Ungeheuers“ Robespierre beim staatsbewußten Wahl-Preußen Stein, der sich noch beim Tode Friedrichs II. von den Prinzipien des monarchischen Absolutismus überzeugt gezeigt hatte, keine andere Wirkung haben, als daß er sich in leidenschaftliche Haßtiraden verstieg und nun auch weder die Grundideen von 1789 noch überhaupt den Wert einer vermeintlichen französischen Kultur gelten ließ (5):

Die aus solchen Quellen entstandene, nach solchen irrigen Ansichten geleitete Begierde nach Neuerungen nahm den Charakter der Nation an, in der sie ausbrach, sie verbreitete sich rasch und äußerte sich stürmisch und rücksichtslos bei einem aufbrausenden, beweglichen, eitlen und unmoralischen Volk. Selbstgefälliger Dünkel und Neuerungssucht, welche Lehren und Beispiele der Geschichte und der Zeitgenossen verhöhnte, leiteten es, sein Betragen war verwildert und verbrecherisch, […]. Der Fluch der Nachwelt und der Zeitgenossen wird sie verfolgen für den Mißbrauch, den sie von den glücklichsten Verhältnissen gemacht. (6)

Solche Äußerungen, in denen jede Notwendigkeit revolutionärer Veränderung geleugnet wird und in denen aus „Freunden“ ein verbrecherisches Volk geworden ist, finden sich in Steins Schriften vom Beginn der Kriege Preußens und Österreichs gegen das revolutionäre Frankreich an immer wieder und setzen sich bis an sein Lebensende fort (7). Schon 1792 sah es Stein als moralische Verpflichtung der alten Mächte in Europa an, militärisch nach Frankreich einzudringen, die alte Ordnung wiederherzustellen und die Bourbonen in ihre früheren absoluten Rechte einzusetzen.

Blickt man von hier aus, also bereits von 1792/93, zurück auf seine unentschlossene Haltung nur drei Jahre zuvor, so hat es nun den Anschein, als habe er die Ereignisse in Frankreich überhaupt nur so lange begrüßen können, wie noch nicht zu erkennen war, daß es sich eben um revolutionäre Vorgänge handelte. Sobald deutlich wurde, daß nicht mehr der König das Szepter in der Hand hielt, es stattdessen an eine unkontrollierte Volksherrschaft übergegangen war und das Parlament sich Rechte anmaßte, die nur der König freiwillig hätte vergeben dürfen, war für Stein die Sache aus dem Ruder gelaufen und ein Zustand des Unrechts eingetreten. Dieser konnte unter keinen Umständen hingenommen, sondern mußte unter Preisgabe auch ursprünglich berechtigter Reformwünsche wieder beseitigt werden. Daraus ist zu resümieren, daß es nicht eigentlich die Reformen der Constituante waren, die Stein als vermeintlicher Anhänger des Ancien Régime haßte, vielmehr vor allem die Art und Weise, mit der das Bürgertum so unbillig nach der Macht gegriffen hatte. Die Reformbedürftigkeit der französischen Monarchie hat er durchaus gesehen, nur hätten die Neuerungen in Gestalt freiwilliger Selbstbeschränkung des Absolutismus von oben verordnet werden sollen.

Durch den Eintritt in die letzte Phase der Revolution, Ergreifung der Alleinherrschaft und Unterwerfung Europas durch Napoleon Bonaparte, erhielt Steins Meinung über Frankreich keine wesentlich neue Richtung, wohl aber neue Nahrung. Man kann Stein insofern darin folgen, die Nachwirkung Napoleon als zur Revolution selbst gehörig zu betrachten, als nun der Export der „Errungenschaften von 1789“ im großen Stil erst richtig begann. Und obgleich Ritter bereits für 1790 das Wachwerden politischer Interessen beim Freiherrn konstatiert (8), fällt doch seine eigentliche staatsmännische Tätigkeit erst in die Zeit der schlimmsten Bedrückung Preußens und Deutschlands durch die napoleonische Besatzung. Im Verlauf der kurzen ministerialen Karriere und erst recht danach wurde die Bekämpfung der bürgerlichen Usurpation und des französischen Wütens unter dem Deckmantel, den Völkern die Freiheit zu bringen, ihm zur wahren Lebensaufgabe. So führte er den 1806/07 militärisch zusammengebrochenen preußischen Staat in die „Stein-Hardenberg’sche Reform-Ära“, durch welche nach seinem Willen die Richtung für eine evolutionäre Heranbildung bürgerlicher Freiheiten gewiesen werden sollte. Seine Methode, den monarchischen Absolutismus durch eine fachkundige Staatsbürokratie abzulösen und durch sie Reformgesetze zu erlassen, die mit den frühen Beschlüssen der Constituante eine gewisse Ähnlichkeit besaßen, entsprach durchaus seiner Kritik an der Revolution, deren inhaltliche Zielsetzungen er ja nicht durchweg abgelehnt hatte. Will man Steins Aufbruch in Preußen im Hinblick auf sein Erleben der französischen Revolution deuten, so kennzeichnet ihn die Suche nach einem spezifisch deutschen Weg zu einem freiheitlicheren Staatsleben. Indem er in Preußen ein nachahmenswertes Beispiel schuf, hoffte Stein, dem deutschen Temperament und den zersplitterten Verhältnissen Rechnung zu tragen, um so eine Alternative zur Anbiederung an Napoleon zu bieten und den revolutionären Gedanken aus Deutschland zu verdrängen.

Obwohl Stein-Kenner Botzenhart betont hat, die deutsche Befreiungsbewegung von 1807/13 sei weder ein Ausfluß der Ideen von 1789, noch eine Reaktionserscheinung gegen dieselben gewesen (9), ist doch nicht zu übersehen, daß der leitende Minister Stein und seine Mitarbeiter sich sehr wohl einzelner Bestandteile der französischen Revolutionsverfassungen befleißigt haben. So nennt Stein selber als Quelle für seine Reform des staatlichen Finanzwesens ausdrücklich die französische Finanzverwaltung der Revolutionszeit und Napoleons (10). Noch deutlicher tritt das Vorbild in dem Vorschlag Scharnhorsts und Gneisenaus, die zu Steins engsten Seelenverwandten zählten, zu Tage, in Preußen die allgemeine Wehrpflicht einzuführen; „mit kühnem Griff wollte Gneisenau in das ’Zeughaus der Revolution’ hineingreifen, um den Gegner mit seinen eigenen Waffen zu schlagen.“ (11) Meinecke ist gar der Ansicht, das von den beiden Heeresreformern inspirierte Landsturm-Edikt vom 21. April 1813 habe an die Schrecken des Wohlfahrtsausschusses erinnert (12). Persönlich stand der Freiherr solchem Ansinnen, den Epigonen der Revolution mit revolutionären Mitteln zu bekämpfen, sehr skeptisch gegenüber. Ein derartiges Vorgehen konnte lediglich durch das Außergewöhnliche der Zeit gerechtfertigt, aber nicht auf Dauer mit jenem hohen Ethos, mit dem er gegen Napoleon angetreten war und mit dem er auch noch die Juli-Revolution 1830 verurteilen würde, vereinbar sein.

Von einem ganz anderen Standpunkt aus gesehen, zeigt sich an Steins schwankender Meinung über die Idee der Volksbewaffnung eines der Grundprobleme, deretwegen seine Befreiungspolitik nach 1815 keine sinnvolle Fortsetzung gefunden hat – die Angst vor der eigenen Courage.


II. Steins Stellung zu Adel, Bürgertum und Volk

Eine wichtige Ursache für Steins Ablehnung revolutionärer Veränderungen am Staatsaufbau liegt in dem relativ statischen Bild, welches er von der Gesellschaft als einer natürlichen Ordnungsstruktur des staatlichen Zusammenlebens hatte. Der preußische Reformer war in dieser Hinsicht den Grundanschauungen des ancien régime während der meisten Zeit seines Lebens fest verbunden. Die Menschen waren für ihn nach Gottes Willen und aus ehrwürdiger mittelalterlicher Tradition nach sozialen und rechtlichen Gesichtspunkten den drei Ständen zugeteilt. Dabei ist festzustellen, daß in seiner hierarchischen Weltsicht gegenüber dem früheren Stände-Verständnis doch eine gewisse zeitgemäße Verschiebung eingetreten ist: Der einstige zweite Stand, die Priesterschaft, spielt bei ihm nach politischen Kriterien als solcher keine tragende Rolle mehr. In der Rangfolge ist an die Stelle des Klerus sozusagen das Bürgertum getreten, dessen Führerschaft in den Städten nicht zu übersehen war, während die weltliche Macht der Kirche allmählich der Säkularisierung zum Opfer fiel und bis 1803 in Deutschland überwiegend verschwunden war. Somit rückt das ’Volk’ als dritter Stand in das Ständeschema auf und damit bei Stein erstmals auch immerhin als zu berücksichtigender Faktor ins politische Bewußtsein hinein. Diese Einteilung in „Berufsstände“ – politisch verantwortlicher Adel, handeltreibendes Bürgertum, produzierendes Handwerker- und Bauerntum (13) – entsprang gewiß den Vorlesungen Schlözers über Montesquieus „Esprit de loi“ während der Göttinger Studienzeit Steins wie auch der Bekanntschaft mit Rousseaus „Contrat social“. Sie bezeugt demnach gegenüber dem allein auf göttlichem Willen beruhenden Grundmodell des Mittelalters ein erhebliches soziales Bewußtsein, beruht sie doch in Wirklichkeit nicht mehr auf dem altfeudalen Ständewesen, sondern auf vernünftigen Überlegungen der Aufklärung, welche nun mit der hierarchischen Tradition einen Kompromiß zu bilden suchten (14).

Was die Auffassung des Freiherrn vom Stein von der Gesellschaft starr erscheinen läßt, ist vor allem sein Beharren auf den politischen, teilweise auch auf den steuerlichen Privilegien des Adelsstandes, dem er als Reichsritter selbst angehörte. Politik und Staatsverwaltung betrachtete er als angestammte Domänen seiner Klasse, in die einzudringen er den anderen Ständen nur in engen und schwierig zu überwindenden Grenzen gestatten wollte. Das ist aus seinen Verfassungsvorschlägen ab 1814 klar ersichtlich, und sogar während der Zeit als ’Volkstribun’ der Befreiungskriege schien bei ihm der eingefleischte Aristokrat immer wieder durch. Oftmals erschien ihm die jeweilige politische Sache zu wichtig, als daß er sie bürgerlicher Entscheidungsbefugnis hätte anvertrauen mögen. So ist wohl auch die Demontage, die Stein im Dezember 1806 im Bunde mit Hardenberg an dem bürgerlichen Kabinettsrat Beyme betrieb, in erster Linie adeligem Dünkel zuzuschreiben.

Allerdings ging die Starrheit des Freiherrn, die so rein äußerlich gesehen jeden gesellschaftlichen Fortschritt ausgeschlossen haben müßte, mit einer eigenwilligen Definition von politisch relevantem Adel einher: Nur noch die grundbesitzende, also wirtschaftlich auf eigenen Füßen stehende Aristokratie sollte Einfluß ausüben und Privilegien genießen dürfen, nicht der in der Neuzeit herausgebildete, von seiner Stellung am Fürstenhof finanziell abhängige Dienstadel. Nach Steins Idee einer Adelsreform, mit der er sich seit der Freundschaft zu Rehberg und Brandes trug (15), würde verarmten, nicht mehr landsässigen Adeligen der Rang aberkannt werden. An ihrer Stelle könnten bürgerliche Grundbesitzer, die sich auch in der Staatsverwaltung verdient gemacht hätten, in den Adelsstand erhoben werden. Adel verpflichtet zum Erhalt des ererbten Besitzes, dieser wiederum zur Übernahme politischer Verantwortung für das Gemeinwesen. Auf diese Weise bilden die Verpflichtungen der Aristokratie ein System wechselseitiger Bedingungen, welches nur funktionieren kann, wenn gleichzeitig die Standesschranken in hohem Maße durchlässig sind (16). Einerseits ist es sicherlich nicht möglich, den Freiherrn vom Stein einen „Feudalen“ zu nennen, da bei ihm solche Freiheit im Umgang mit traditionellen Standesbegriffen zu bewundern ist (17); andererseits bilden seine Absichten, den Adel an sich als politische Kaste zu bewahren, ihn sich dabei aber nach bürgerlichen Verdienst-Maßstäben zusammensetzen zu lassen, ein befremdliches Gemisch aus Rückwärtsgewandtem und Zukunftsweisendem. Derartige Vorstellungen konnten den Ansprüchen des sich verbreiternden Bürgertums nach 1815 natürlich nicht genügen, ganz zu schweigen von den Angehörigen des preußischen „Krautjunkertums“, die schon angesichts des Versuchs ihrer Besteuerung, die Stein 1807 wegen der preußischen Finanzkrise für notwendig erachtete, lauthals Protestgeschrei erhoben. Steins Stellung zum Bürgertum war höchst zwiespältig. Sein verletzter Adelsstolz ließ ihn die Rolle des ’dritten Standes’ bei der Revolution, hier also die Rolle der nichtadeligen und nichtklerikalen Abgeordneten in der Nationalversammlung, scharf verurteilen:

Der dritte Stand wagte die ungeheure und freche Usurpation, sich für die das französische Volk gesetzlich und vollständig repräsentierende Nationalversammlung […] zu erklären und den oberen Ständen ihren seit Jahrhunderten besessenen Anteil an der Staatsverfassung gewaltsam zu entreißen. (18)

Im Kontrast dazu brachte er den gewesen Reichsstädten und ihren Bürgern eine bemerkenswerte Hochschätzung entgegen. So war es vor allem sein Werk, daß auf dem Wiener Kongreß die Reichsfreiheit Frankfurts und Bremens rasch wiederhergestellt wurde, und erst recht hatte die Einführung der kommunalen Selbstverwaltung und der Städte-Ordnung unter Steins Ministerium 1808 einen entschiedenen Schritt zur Beteiligung bürgerlicher Schichten am politischen Geschehen bedeutet (19). Die nach 1815 wiedereinzusetzenden Reichsstände hätten nach seinem Willen vom Bürgertum mitgewählt werden sollen, allerdings nur von solchen Standesmitgliedern, die genügend ’Interessen’, das heißt Grundeigentum, besäßen. Angesichts bestehender Besitzverhältnisse hätte diese Sperrklausel natürlich dafür gesorgt, daß der zweite Stand bei weitem schlechter repräsentiert gewesen wäre als der Adel. Sie entsprach der Neigung Steins, das reiche Besitzbürgertum vom eigentlichen bürgerlichen Stand abzulösen und eine politische Sonderklasse zu formen; derselben Neigung zufolge ließ ja auch das Stein’sche Kommunalwahlrecht nur eine dünne Schicht reicher Patrizier zur Teilnahme an der Regierung zu.

Am schwierigsten ist Steins Verhältnis zur breiten Masse der Bevölkerung nachzuvollziehen, weil es im Laufe seiner politischen Entwicklung den stärksten Schwankungen ausgesetzt war. Hatte er sich als Leiter der westfälischen Provinzialverwaltung dem Volk gegenüber in der Rolle eines väterlichen Hüters nach Art Friedrichs des Großen gefühlt, es also schlicht als passives Staatsvolk betrachtet, so spiegelt bereits das zweite Ministerium eine differenziertere Sicht der einfachen Untertanen wider. In diese Zeit fiel das Gesetz zur Aufhebung der Leibeigenschaft, mit dem in Preußen die Überreste des Feudalwesens beseitigt wurden. Dahinter stand die Erkenntnis, „daß der Leibeigene und der schutzlos proletarisierte Arbeiter schließlich gar nicht staatstreu sein konnte“ (20). Eine weitere Aufwertung erfuhren die untersten Klassen in Steins Augen durch den Tiroler Aufstand 1809 unter Andreas Hofer. Im Rahmen des versuchten österreichischen Befreiungsschlags gegen Napoleon, den Stein heiß ersehnt hatte, war der Bauernführer als einziger Feldherr über längere Zeit der französischen Übermacht militärisch gewachsen gewesen. Stein zollte ihm dafür anhaltende Bewunderung (21), er hatte gelernt, daß auch Bauern und Kleinbürger vaterländische Helden hervorzubringen imstande waren. Dieses Erlebnis mag den Anstoß dazu gegeben haben, daß er sich bei den Verfassungsberatungen 1814/15 dafür einsetzte, neben Adel und Bürgertum einen Stand der gemeinfreien Bauern zu schaffen und mit politischer Vertretung im Reichstag zu versehen.

Den Höhepunkt seiner Annäherung an das Volk erreichte Stein während der Befreiungskriege. Sein Haß auf die kollaborierenden oder vor Napoleon untätig zitternden Fürsten war bis 1812 dermaßen gesteigert, daß er nun die Hoffnung, doch noch eine geballte Widerstandsmacht zusammenzubringen, vorzüglich auf die Volksmassen richtete.

Für ihn, den Fürstenverächter, den Deutschpatrioten, bestanden gar keine Bedenken, die preußische Armee und das preußische Volk auch ohne, nötigenfalls gegen den Willen des Monarchen in den Krieg hineinzureißen. Wie oft hatte er gemahnt, man müsse auf deutschem Boden vor allem die Völker in Bewegung bringen, die Regierungen mitfortreißen, unter Umständen sich ihrer bemächtigen! (22)

Die aufregende Stimmung dieser Zeit, in der er sich an die Spitze einer wahren Volksbewegung setzte, ergriff auch konservativere Zeitgenossen, wie General Yorck, dessen Wendung gegen die Franzosen für die Kräfte der Freiheit das Signal zum Losschlagen bedeuten sollte, und Steins reaktionären Standesgenossen und innenpolitischen Gegner Marwitz:

Das Volk jubelte und harrte mit Ungeduld auf den Augenblick, wo ihm würde erlaubt sein, über die durchziehenden Franzosen herzufallen und sie alle totzuschlagen. Es wartete jeden Augenblick, daß der König sich erklären würde. […] Der König entsetzte sich, denn er merkte, daß eine Zeit des Handelns kommen werde, und beschloß, seinen gewöhnlichen Gang zu gehen, nämlich: nichts zu tun und das Ende abzuwarten. (23)

Freiherr vom Stein warb um die Mitwirkung des deutschen Volkes, das er nunmehr als ganzes und ohne Klassenschranken zu sehen bereit war, indem er sich in Ernst Moritz Arndt den größten Propagandisten des nationalen Anliegens, aber auch der bürgerlichen Freiheit zu seinem Sprachrohr erkor. Der war alles andere als zurückhaltend, wenn es darum ging, das Volk gegen monarchische Verräter in Stellung zu bringen:

Das ist die wahre Soldatenehre, daß kein König und Fürst, keine Gewalt noch Herrschaft den edlen und freien Mann zwingen kann, das Schändliche oder Unrechte zu thun oder thun zu helfen. […] Das ist teutsche Soldatenehre, daß der Soldat fühlt: er war ein teutscher Mensch, ehe er von teutschen Königen und Fürsten wußte; es war ein teutsches Land, ehe Könige und Fürsten waren. […] Das Land und das Volk sollen unsterblich und ewig sein, aber die Herren und Fürsten mit ihren Ehren und Schanden sind vergänglich.(24)

Stein war von Arndts Wortgewalt hingerissen, obwohl dessen Parolen dazu angetan waren, das Volk nachhaltig aufzuwiegeln und jedweden Legitimismus über den Haufen zu werfen (25). Für einige Monate setzte er sich tatsächlich selber über alle dynastischen Bedenken hinweg, spielte das Volk gegen die landesverräterischen Fürsten, das „Lumpengesindel“ (26), aus. Erst als das Fieber des Kampfes abgeklungen war, besann er sich wieder auf seine frühere Angst vor demokratischen Strömungen. Auch wenn er sich in der Erregung mit dem Volk identifiziert hatte, mußte es ihm später selbst scheinen, als habe er es nur eine zeitlang zu einem Zweck, der alle Mittel heiligt, gebrauchen müssen. Er erschrak im Nachhinein vor sich, das Volk zum Aufruhr zusammengerufen zu haben, denn im Grunde war er stets der Überzeugung, daß gerade die große Masse einen Pöbel erzeuge, der Bildung und Besitz bedrohe (27).

Bei aller Distanz zu den unteren Ständen, die er zeitlebens gewahrt hat, gehörte es in jeder Phase der politischen Tätigkeit zum Stein’schen Konzept, Bürgertum und Volk aus ihrer Unmündigkeit emporzuheben. Er wollte die staatenlose Masse des 18. Jahrhunderts zu pflichtbewußten, am politischen Leben interessierten Staatsbürgern erziehen, zuerst in Preußen, dann in ganz Deutschland (28). Er sah es daher als notwendig an, dem Volk ein mindestes Maß an humanitärer Fürsorge und allgemeiner Bildung angedeihen zu lassen; denn ihm war bewußt, daß seinen bürokratisch verordneten Reformen ein dauernder Erfolg nur beschieden sein könnte, wenn es gelänge, eine „zur Freiheit reife Nation“ (29) zu formen. In diesem Sinne fand auch die von Humboldt betriebene Gründung der Freien Universität Berlin Steins uneingeschränkten Beifall – nicht zuletzt, weil „Bildung der unteren Klassen und Verbesserung ihres Zustandes mir das sicherste Mittel scheint, um Revolutionen zuvorzukommen.“ (30)


III. Reichspatriotismus und deutsches Nationalbewußtsein

Aus dem Dilemma zwischen der Legalität der deutschen Einzelstaaten und der Legitimität der deutschen Gesamtnation ist Stein nie herausgekommen, und sollte man nicht sagen, daß er darin stellvertretend für die ganze deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert steht? (31)

Beide Prinzipien, das föderalistische des traditionellen Reichsbewußtseins und das zum einheitlichen Verfassungsstaat drängende, sind in Steins Haltung zu Deutschland miteinander verwoben, bzw. stehen sich so unüberbrückbar entgegen, daß

trotz großer Hoffnungen und eines unermüdlichen Einsatzes Stein im Kampf um die deutsche Einheit so gründlich gescheitert ist wie in sonst keiner seiner politischen Unternehmungen – nicht nur, wie man heute oft hören kann, weil seine Pläne über die Grenzen des zu seiner Zeit Möglichen hinausgingen, sondern auch wegen ihres in vielen Punkten antiquierten Charakters. (32)

Bis um die Jahrhundertwende war die Existenz des seit 1648 so zerklüfteten Reichs für Stein, wie für die meisten seiner Standesgenossen, lediglich ein angenehmer Gewohnheitszustand. Sein Wert fing ihm erst zu dämmern an, als das kaiserliche Deutschland der Gefahr seiner Zerschlagung unmittelbar ins Auge zu sehen hatte. Das neu erwachte Interesse angesichts der tiefempfundenen nationalen Schmach richtete sich nicht sogleich auf die innere Erneuerung des losen Verbandes hin zu einer festen nationalstaatlichen Gestalt, sondern zunächst auf Rettungsversuche der alten Form. Diese war im Grunde seit Jahrzehnten auch bereits ohne französisches Zutun von innen her im Zerfall begriffen gewesen. Erst die Expansion des revolutionären Nachbarn, welcher die deutschen Fürstentümer ob ihrer Zersplitterung über anderthalb Jahrzehnte nichts als Wehrlosigkeit entgegenzusetzen hatten, führte den Freiherrn vom Stein zu der Einsicht, daß die Souveränität der kleinen und kleinsten Monarchen einem strategischen Zusammenrücken der deutschen Länder im Wege stand. Folglich nahm er den Kampf gegen die zersetzenden Rechte der „36 Despoten“ auf, ohne freilich zu begreifen oder wahrhaben zu wollen, daß auch seine eigene Vorstellung von einem kooperativen Dualismus Preußens und Österreichs von einer befriedigenden Lösung der ’Deutschen Frage’ in jeder Hinsicht weit entfernt war. Seine diffusen Vorschläge in Wien wurzelten offenbar in einem tiefen Einverständnis damit, wie das Reich gewesen war oder doch seiner Anlage nach hätte sein sollen:

Soll eine Verfassung gebildet werden, so muß sie geschichtlich sein. Wir müssen sie nicht erfinden, wir müssen sie erneuern, ihre Elemente in den ersten Zeiten der Entstehung unseres Volkes aufsuchen und aus diesen sie entwickeln. […] Nur indem man das Gegenwärtige aus dem Vergangenen entwickelt, kann man ihm die Dauer für die Zukunft verleihen. (33)

Gemeint war keine Anknüpfung an die desolaten Zustände des 17. und 18. Jahrhunderts, vielmehr an die Blüte des römisch-deutschen Kaisertums im 10. bis 13. Jahrhundert. Stein wollte im wesentlichen eine Reichsordnung nach altständischen Prinzipien mit einem darüber thronenden starken Kaisertum restaurieren, wie sie nur noch in illusionären romantischen Köpfen lebendig war, und sie als Tribut an die Moderne um einige Zutaten erweitern. Solche Orientierung am „gotischen Vorbild“ (34) war Humboldt und Hardenberg, den Bundesgenossen Steins in der Reform-Ära, und erst recht dem Realpolitiker Metternich völlig fremd, und sie führte dazu, daß Steins Rolle als Führer der Nationalpartei seit dem Sommer 1814 praktisch ausgespielt war (35).

Die Abkehr von eigenen nationalen Reform-Ideen innerhalb weniger Monate zugunsten von mittelalterlichen Reichsphantasien, an deren Verwirklichung er selbst nicht recht glaubte, ist umso erstaunlicher, als konservativer Reichspatriotismus in seiner persönlichen Entwicklung keine sonderlich lange Geschichte hatte. W. Mommsen hat sehr einleuchtend festgestellt, daß „seine Eigenschaft als Reichsritter für seine politische Haltung in den entscheidensten Zeiten seines Lebens nicht so bedeutungsvoll ist, wie allgemein angenommen wird.“ (36) Obwohl Unabhängigkeit und Selbstbewußtsein in seiner Stellung als freier Reichsritter begründet gewesen seien, sei diese Stellung allein noch kein Beweis für ein ausgeprägtes Bewußtsein vom Reich als politischer Idee; vielmehr sei es für Stein wie für die meisten Ritter seiner Zeit vor allem Garant freiherrlicher Rechte und Privilegien gewesen. Seine Briefe und politischen Schriften weisen vor 1804 keine Beschäftigung mit traditionellen reichspolitischen Frage auf, sondern fast ausschließlich mit Problemen der preußischen Innenpolitik. Das entspricht Prignitz’ allgemeiner, nicht auf Stein bezogener Bemerkung, vaterländische Gefühle seien in Deutschland ab 1789 mit der Freiheit des Regierungssystems verbunden gewesen, haben sich also weniger nach dem Land der Geburt als nach der Qualität der politischen Verhältnisse gerichtet (37). Stein war diese Art des Patriotismus wohlbekannt, nur galten für ihn umgekehrte Vorzeichen: Während den deutschen Anhängern der Revolution Frankreich zum Vaterland der Freiheit wurde, hielt er sich an das Deutsche Reich als Gralshüter der ständischen Ordnung. Beiden Seiten war das Bewußtsein gemeinsam, Volksgemeinschaften seien keine natürlichen, sondern historisch-politische Gebilde, und ihre Ordnung wäre demzufolge nicht nach nationalistischen Beweggründen, sondern nach geschichtlichen Erfahrungen einzurichten (38).

Erst im Gefolge des Reichsdeputationshauptschlusses erkannte Stein das Reich, dem er zuvor hauptsächlich aus Bequemlichkeit der eigenen Lage angehangen hatte, als reformbedürftig. Am 10. Januar 1804 beschwerte er sich brieflich – wiederum nicht uneigennützig – über die Wegnahme seiner freiherrlichen Ländereien und Hoheitsrechte durch den Herzog von Nassau. Jener hatte mit seiner Inbesitznahme, die nach geltendem Reichsrecht einen Gesetzesbruch darstellte, dem mit bevorstehender Auflösung des Reiches zu erwartenden Erlöschen ritterlicher Freiheiten kühn vorgegriffen. Abgesehen von den privaten Interessen, welche wohl den scharfen Ton bestimmt haben, bildet dieser Brief den Markstein einer neuen Auffassung Steins vom Reich, von der nationalen Sache und der Despotie der Fürsten. Er deutet aber auch die Problematik der preußischen und österreichischen Führungsrolle an, deretwegen Steins wohlmeinende Ansätze nie zu einer sinnvollen Konzeption Deutschlands reifen konnten.

Trotz des enormen Einsatzes für die Vereinigung Deutschlands im Kampf lassen Steins Bekenntnisse im allgemeinen die Tatsache durchaus nicht vergessen, daß er frühzeitig Wahl-Preuße geworden und es die meiste Zeit seines Lebens auch bewußt geblieben war. Im Jahr 1813 ergab sich daraus kein Zwiespalt, da die Erhebung gegen Frankreich von Preußen ausging und viele andere Patrioten sich ebenfalls dort versammelt hatten, „mit dem Ziel, das der Reichsfreiherr ihnen gesteckt hatte, durch Preußen das ganze Deutschland zu befreien“ (39). Umgekehrt, so glaubte er seit dem furchtbaren Frieden von Tilsit (1807), könne Preußen nur durch eine wahrhaft deutsche Politik der Zusammenarbeit mit Österreich wiedererstehen (40). Dieser Glaube aber, daß Österreich und Preußen sich gemeinsam in einem Akt nationalen Schulterschlusses dauerhaft für die Erlösung Deutschlands von fremder Besatzung und innerer Zersplitterung einsetzen wollten und könnten, lief ja jeder geschichtlichen Erfahrung zuwider. Die beiden Großmächte hatten das Reich seit Friedrich dem Großen förmlich zwischen sich zerrieben, waren stets weit mehr darauf bedacht gewesen, dem jeweils anderen zu schaden, als Deutschland nach außen abzusichern. Und bereits 1814 in Wien sollte sich zeigen, in welch engstirnigen dynastisch-machtpolitischen Kategorien auf beiden Seiten noch immer gedacht wurde. An eine vernünftige Flurbereinigung, wie Stein sie sich vorstellte, daß nämlich die kleineren Fürstentümer teils zu Preußen, teils zu Österreich geschlagen würden, um innerhalb Deutschlands eine nördliche und eine südliche Hegemonialsphäre zu bilden, war angesichts des gegenseitigen Mißtrauens gar nicht zu denken. Davon abgesehen, daß daraus kaum ein einiger Nationalstaat hätte entstehen können, verstanden es die Vertreter der Könige von Württemberg und Bayern sowie anderer intriganter Rheinbund-Fürsten in Wien zu säen, was noch an Zwietracht fehlte, sobald sie den von Stein aufgetischten ’Braten’ rochen.

Statt sich von dem verkorksten Dualismus-Gedanken zu trennen, der ja vor allem auf Steins Voreingenommenheit für seine Wahlheimat Preußen und der gleichzeitigen militärischen Überschätzung Österreichs beruhte, verstieg der Freiherr sich zu einer merkwürdigen „Kaiser-Denkschrift“, derzufolge die Habsburgermonarchie durch Angebot der Kaiserkrone in die deutsche Einheit geködert werden sollte. Noch seltsamer mutet die Idee an, die beiden Großmächte mit nur jeweils einem kleinen Teil ihres Territoriums dem neuen Reich angehören zu lassen, den größeren Teil dagegen zur freien Verfügung der Monarchen aus der Reichslegalität herauszuhalten. Preußen sollte damit für seine Verdienste um die deutsche Befreiung belohnt, Österreich gewissermaßen bestochen werden, damit es sich in der Verfassungsfrage nicht mehr sperre. Ritter entschuldigt Steins gedankliche Überflüge als „Notschrei eines tief erregten patriotischen Herzens“, den man nicht als Produkt staatsmännischer Erwägungen mißverstehen dürfe (41). Das ist in einer Hinsicht sicher richtig: Die Selbständigkeit der mittleren und kleinen Länder durch einen preußisch-österreichischen Gewaltstreich zu beseitigen, wäre nicht im Sinne eines freiheitlichen Nationalbewußtseins gewesen, sondern hätte allenfalls Steins Rachegelüsten gegen die landesverräterischen Rheinbündlinge genügegetan.

So sehr Zeitgenossen und spätere Historiker vom planlosen Verwirrspiel Steins nach dem erfochtenen Sieg enttäuscht sein mochten – hatte er doch selbst einmal gemeint, daß auf die Befreiung die Freiheit folgen müsse – , so sehr ist sein Name in Deutschland mit der Aufwallung patriotischer Gefühle verbunden. Dabei ist zuweilen schwer zu unterscheiden, wieweit er tatsächlich Motor und Leitstern der nationalen Bewegung war, und wieweit auch er vom Geist der Zeit nur mitgerissen wurde. Als er 1808 zum ersten Generalangriff auf die Besatzungsmacht blies, war die Zeit dafür noch nicht reif, als aber ein knappes Jahr darauf die Österreicher losschlugen, hatte er nichts weiter damit zu tun, als skeptischer, wenngleich teilnehmender Zeuge zu sein (42). Die Niederlage Österreichs unter Graf Stadion stürzte ihn in tiefe Resignation, ließ ihn zweifeln, „ob auch nur folgende Generationen sich wieder erheben werden“ (43); er machte sich ernstlich Gedanken, Deutschland den Rücken zu kehren und nach Südamerika auszuwandern. Nachdem der Zar ihn schließlich aus dem politischen Exil erlöst und nach St. Petersburg gerufen hatte, wurde er in Rußland zwar zum Organisator eines Grüppchens deutscher Patrioten, ohne freilich zunächst von dort aus sonderlich effektiv nach Deutschland hineinwirken zu können. Hätte aber Alexander I. nach den schweren Opfern, die der Sieg über Napoleon die Russen gekostet hatte, sich auch ohne Einwirkung seines deutschen Beraters auf das Abenteuer der Befreiung Europas eingelassen? Sehr wahrscheinlich war es dem Drängen Steins zu verdanken, daß Alexander seine Soldaten dafür hergab, dem deutschen Widerstandswillen eine ermutigende Grundlage zu schaffen. Stein muß überzeugend gewirkt, den Helden-Allüren des Zaren vielleicht auch geschmeichelt haben, denn was erst noch bevorstand, war die Herauslösung der preußischen und rheinbündischen Hilfscorps aus der gegen Rußland gerichteten französischen Front. General Yorcks Eigenmächtigkeit, ohne Willen und Wissen seines Königs den Franzosen die Gefolgschaft zu kündigen, bedeutete den Dammbruch. Nachdem schon diese Tat in Preußen Begeisterungsstürme ausgelöst hatte, fielen die Flugschriften Ernst Moritz Arndts, den Stein zu sich geholt hatte, um „unbedingt nationale Gesinnung verbreiten zu helfen“ (44), auf fruchtbarsten Boden. Es war insofern hauptsächlich Steins Verdienst, daß nun das Volk Friedrich Wilhelm III. unter Druck setzte, bis dieser endlich im März 1813 den berühmten Aufruf „An mein Volk“ erließ.

Stein selbst hatte schon im Dezember zuvor ein Bekenntnis abgegeben, welches ihn im Rückblick klar an die Spitze des Zeitgeistes setzt und deutlich macht, daß die russische Hilfe für ihn nur ein zeitweiliges Mittel zum heiligen Zweck war:

[…], ich habe nur ein Vaterland, das heißt Deutschland, und da ich nach alter Verfassung nur ihm und keinem besonderen Teil desselben angehörte, so bin ich auch nur ihm und nicht einem Teil desselben von ganzer Seele ergeben. Mir sind die Dynastien in diesem Augenblick der großen Entwicklung vollkommen gleichgültig, mein Wunsch ist, daß Deutschland groß und stark werde, um seine Selbständigkeit und Unabhängigkeit und Nationalität wieder zu erlangen und zu behaupten in seiner Lage zwischen Frankreich und Rußland – dieses ist das Interesse der Nation und ganz Europas. (45)

Sobald das Fanal des Preußenkönigs da war, über die Franzosen herzufallen, wo immer sie zu finden wären, war die Vereinigung aller gesellschaftlichen Klassen im nationalen Aufschrei vollzogen, standen Volksheere zum Endkampf dieses Krieges bereit. Freiherr vom Stein mochte sich wohl im Hintergrund zu ihrem zornigen Gott erheben, dessen Wut auf das Volk übergegangen schien, ohne daß es ihn eigentlich kannte; an seiner Stelle machte es einen sichtbarer Wirkenden zum Helden:

Dem Volk, das vom Freiherrn vom Stein wenig, von Fichte gar nichts wußte, war Blücher eine moralische Realität, und ein zündendes Wort des Alten, der übrigens mehr war als ein biederer Haudegen, bedeutete ihm mehr als alle philosophischen Systeme. (46)

Tatsächlich dürfte es eher die vom Militär begonnene Rache als die „in deutschen Studierstuben entdeckte nationale Besonderheit“ (47) gewesen sein, was das Volk unmittelbar beflügelte. Um aber den allgemeinen Aufstand in Gang zu setzen, hatte es offenbar doch der Vorbereitung und Anregung des geistig wie geographisch fernen Exilanten Stein bedurft. Und was diesen seinerseits antrieb, war ein Erlebnis von Besetzung und Unterdrückung, wie es sich wohl von dem der meisten opponierenden Menschen in Deutschland nicht sehr unterschieden hat: Als erklärter Feind Napoleons war er 1808 geächtet, seines Besitzes beraubt, zum Tode verurteilt und zur Flucht gezwungen worden. Über die persönlichen Unbilden hinaus hatte er als leitender Minister mitanzusehen, wie in seinem unterworfenen Staate sinnlos gewütet wurde. Er hatte ja Napoleon selber den Irrwitz der französischen Gewaltpolitik bestätigen hören:

Ich habe den Preußen viel zu viel Übles angetan, als daß ich hoffen dürfte, sie würden es vergessen. Ich darf ihnen nicht die Mittel lassen, sich wieder eine Armee zu beschaffen. (48)

Steins Reaktion war der Versuch, in der Not noch eine Tugend zu sehen:

Das Ganze beruht hier auf roher Gewalt und dem Druck jeder Art – seine Arbeit ist es nicht, den Nationen das Kaisertum einzuzaubern, wie es das fünfzigjährige Bestreben Augustus war, vielmehr läßt er keine Gelegenheit ungenutzt, um durch höhnenden Übermut, durch raue Formen, durch Kränkung jedes edlen Gefühls und Vereitlung jedes eigennützigen Zwecks den Druck des durch ihn herbeigeführten Zustandes unerträglich zu machen. Diese Handlungsweise wirkt wohltätig, sie erhält in dem Menschen einen regen Unwillen, ein Streben nach dem Zerbrechen der Fesseln, und verhindert das Versinken in den Todesschlaf. (49)

Noch vor der Ächtung erkannte er die Uneinigkeit Deutschlands als Ursache von militärischem Verfall und Sklaverei; folglich mußte von der französischen Revolution gelernt und Deutschland zu einem wehrhaften Nationalstaat zusammengeschweißt werden. So faszinierend es aus heutiger Sicht ist, den Vollstrecker und Überwinder der Revolution durch die Nachahmung des französischen nationalstaatlichen Beispiels überwunden zu sehen, so deutlich erkannte Freiherr vom Stein 1813 den Wert der vorgemachten Tugenden für den gemeinsamen Kampf gegen den Feind Europas. Daß er wenig später hinter dem Gebot der Stunde zurückblieb, mit der gleichen Kraft der Erkenntnis auch nach dem Sieg für die Einheit der deutschen Staaten einzutreten, muß vor allem als Beleg dafür gewertet werden, wie sehr er die nur zeitweise verdeckte Bedrohung des eben Erreichten durch die lauernde Kleinstaaterei unterschätzte. Die Vereinigung von Fürsten und Volk im Willen zur Nation erwies sich in Wien als Trugbild.

Als im März 1814 Frankreich vollständig am Boden lag, reiste auch Stein im Siegesrausch nach Paris, um mit Gneisenau und Blücher zu triumphieren. Hier ließ er sich auf eine Weise vernehmen, die den Franzosenhaß Körners, Görres’ und Arndts noch in den Schatten stellte. Trotzdem waren sein Deutschtum und sein Patriotismus nicht so beschaffen, daß sie sich allein am Elend des Erbfeindes aufgerichtet hätten. Als ihm die Departementsverwaltung der eroberten französischen Gebiete aufgetragen wurde, entgalt er der Bevölkerung das zehnjährige französische Wüten in Deutschland, indem er die verwilderten russischen Truppen von Ausschreitungen gegen Zivilpersonen abzuhalten suchte (50). Wollte Metternich einen starken nationalen Staat in Deutschland verhindern, weil dieser die Flankenmächte zu natürlichen Feinden haben würde, so begeisterte sich Stein für Arndts Entwurf einer Nation in der Schrift „Der Rhein, Teutschlands Strom, aber nicht Teutschlands Grenze“. Sie würde sich erstrecken, „so weit die deutsche Zunge klingt“, würde also nicht von sogenannten natürlichen, sondern von sprachlich-kulturellen Grenzen umschlossen sein, und diese müßten militärisch gegen die chronischen Expansionsgelüste Frankreichs und Rußlands abgesichert werden. Solche Wünsche haben mit Deutschtümelei und blutrünstigem Nationalismus noch nichts gemein. Weder enthalten sie ein besonderes Sendungsbewußtsein, das ’Deutschtum’ über die Sprachgrenzen hinaus zu verbreiten, noch bedrohen sie aus anderen Gründen die Nachbarn mit militärischer Aggression. Für Stein repräsentierte nicht das deutsche Wesen etwas außergewöhnlich Hehres, was es über andere Nationen erhaben machen würde; vielmehr war es für ihn Frankreich, das sich durch besondere Eigenschaften von anderen Völkern abhob - diese waren Niedertracht, Sittenlosigkeit, charakterlicher Leichtsinn. Das ist ein bemerkenswerter Unterschied zum deutschen Nationalismus des späteren 19. Jahrhunderts, welcher unter den Stein-Biographen vor allem von Gembruch herausgearbeitet worden ist (51).


IV. Staatsmann ohne Staat

Es stellt für mich die verblüffendste Seite seiner geschichtlichen Bedeutung dar, daß zwar „der Reichsfreiherr vom Stein im Zeitalter Goethes die größte politische Persönlichkeit unseres Volkes war“ (52), Meinecke aber das ebenso zutreffende Wort über ihn geprägt hat, er sei „ein Staatsmann ohne Staat“ gewesen (53). Die Kürze seiner Amtstätigkeit in der preußischen Staatsführung macht es auf den ersten Blick schwer verständlich, wie Steins Anschauungen zu solch überragendem Einfluß in der Reform-Ära und während der Befreiungskriege gelangen konnten. Über die meiste Zeit seines politischen Schaffens hinweg konnte er sich keiner konkreten Machtmittel bedienen, um seinen Kampf um Befreiung und Erneuerung Deutschlands voranzutreiben. Stattdessen war er meistens auf die Überzeugungskraft seiner Persönlichkeit und die Treue seiner Mitarbeiter angewiesen. Der preußische Reformbeginn von 1807/08 war nicht sein Werk allein, sondern beruhte in der geistigen Urheberschaft wie in der Durchführung auch auf der Mitwirkung vorzüglicher Gesinnungsgenossen wie Auerswald, Schön, Scharnhorst und anderer, auf die er zum Teil später noch zwecks politischer Unterstützung zurückgreifen konnte. Und Steins Funktion an der Seite des Zaren 1812 bis 1814 wäre nicht denkbar gewesen, ohne daß ihm ein Ruf als politisch integrer, dem gemeinsamen Ziel der Befreiung Europas verpflichteter Feind Napoleons nach Rußland vorausgeeilt wäre. Beide Durchsetzungserfolge, welche die Höhepunkte von Steins politischer Laufbahn kennzeichnen, sind umso erstaunlicher, als er dazu neigte, Freundschaften durch emotionale Ausbrüche zu strapazieren und staatsmännischen Kredit durch kopfloses Fehlverhalten zu vergeben.

Besonders das hitzige Temperament, welches ihn oftmals mit hemmungslosen Wutausbrüchen gegen andersdenkende Gesprächspartner zu Felde ziehen ließ, bedeutete für Stein zeitlebens ein schweres Hindernis bei der Aufgabe, einflußreiche Personen auf seine Seite zu ziehen und dort auch zu halten. Als unsachlich polternder Diskutant, der er war, brachte er zuweilen selbst solche Männer gegen sich auf, mit denen ihn durchaus ähnliche Absichten verbanden. Das eindrucksvollste Beispiel dafür liefert die von Ritter beschriebene hochdramatische Szene zwischen ihm und Yorck anläßlich des inoffiziellen ostpreußischen Landtages im Januar 1813; in jener Situation war sogar Freund Arndt nicht mehr in der Lage, Steins Benehmen zu billigen (54). Daß er sich zum Diplomaten nicht eignete, wußte Stein selber seit seiner ersten diplomatischen Mission im Jahre 1784; folgerichtig lehnte er 1806 den Posten des Außenministers ab, dies allerdings wiederum in einer Art und Weise, die geeignet war, den nach ungnädiger Entlassung Steins wieder versöhnungsbereiten König erneut zu verprellen. Andererseits charakterisiert es die Zwiespältigkeit seiner Erscheinung, daß ihm von denselben Mitarbeitern, die seine Übellaunigkeit erfahren hatten, dennoch die Erwartung entgegengebracht wurde, er werde Preußen aus der Depression herausführen:

„Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen“, rief Niebuhr überschwenglich aus. Einen „über sein Jahrhundert erhabenen Charakter“ nannte ihn Frau von Berg; den großen Meister, der alles leitet, begeistert, fördert, belebt, großen Herzens, umfassenden Geistes – die Königin Luise. „Gottlob“, schrieb sie, „daß Stein hier ist! Das ist ein Beweis, daß Gott uns noch nicht ganz verlassen hat.“ […] Niemals ist ein preußischer Minister mit größeren Hoffnungen, mit stärker gespannter Erwartung in seinem Amt begrüßt worden. (55)

Freiherr vom Stein trat aber 1807 nicht als Neuling in die Regierung ein. Schon im ersten Ministerium 1804 bis 1806 hatte er Hardenberg schwerwiegende Entscheidungen treffen helfen, welche Preußen in das Fiasko des Tilsiter Friedens stürzten: die Kriegserklärung an Frankreich, nachdem man den von Napoleon vorgeschlagenen norddeutschen Bund abgelehnt hatte, nachdem stattdessen der Rheinbund gegründet worden und das Reich aufgelöst war. Durch die Mittäterschaft hatte Stein sich eigentlich nicht gerade für die Rettung des Staates qualifiziert, sondern die gleiche außenpolitische Naivität wie sein österreichischer Kollege Graf Stadion bewiesen. Indem aber Hardenbergs Ansehen schwerer beschädigt war und die von Friedrich Wilhelm favorisierten Kandidaten unfähig schienen, blieb dem König keine andere Wahl mehr, als seinen lästigsten Kritiker mit der Reorganisation des Staates zu betrauen. Im Sinne einer Gesundung der Finanzen und Befriedung des Landes bedeutete die Entscheidung einen Glücksgriff, denn unter der Oberfläche völligen Einverständnisses mit den französischen Friedensbedingungen setzte Stein eine „Reform an Haupt und Gliedern“ in Gang (56). Er selbst sorgte aber dafür, daß die Freude nicht lange vorhielt und er den Abschied nehmen mußte, ehe die Reformen recht hatten greifen können. Im Juli 1808 vollzog er eine ungeschickte Wende, kehrte seine Politik gegen die französische Besatzungsmacht, machte Napoleon ein Bündnisangebot, um es hernach heimtückisch zu brechen (57), und verriet das ganze in einem kompromittierenden, unchiffrierten Brief an den Franzosenfreund Wittgenstein. Der Brief wurde von den Franzosen abgefangen und beschwor die sogenannte Stein-Krise herauf, die schließlich zu der schon erwähnten Flucht außer Landes führte. So war Stein durch eigene Schuld für drei lange Jahre politisch mattgesetzt. Allerdings dauerte das Exil nicht lange genug, um seinen Versuch, „die Staatenwelt Mitteleuropas in Brand zu setzen, Gärung und Aufregung überallhin zu verbreiten“ (58), vergessen zu machen.

Er wurde ausdrücklich „zur Mitwirkung bei dem großen Werk der Befreiung Europas“ an den Zarenhof eingeladen. Seine Aufgabe bestand hauptsächlich darin, Alexander über die Verhältnisse in Deutschland zu unterrichten, außerdem wurde er Vorsitzender des Deutschen Comitees, das den Volksaufstand in Preußen vorbereiten sollte. Aus russischer Perspektive hatte Stein den Status eines reinen Privatmannes. Nachdem aber in Rußland der Kampf weitgehend entschieden war, bestürmte er mit gewohnter Neigung zur Kompetenzüberschreitung den müde gewordenen Zaren mit Denkschriften über die preußische Innenpolitik und mit strategischen Ideen für einen russischen Einmarsch nach Deutschland. Erst nach wochenlangem Zögern ging Alexander auf Steins Vorschläge ein. Im Januar 1813 ließ er sich von seinem deutschen Berater dazu drängen, diesem eine Verwaltungsvollmacht für das zu erobernde Ostpreußen auszustellen. Stein hatte die Urkunde nach eigenen Wünschen Wort für Wort selber aufgesetzt, und durch sie wurde er so praktisch zum Repräsentanten einer fremden Macht in seinem früheren Regierungsbereich. Daß er in Königsberg als „Diktator von Ostpreußen“, wie es in der Umgebung Friedrich Wilhelms III. hieß, auftrat, verursachte nach anfänglich freudiger Begrüßung aber bald mehr Peinlichkeit, als daß es strategischen Nutzen brachte (59). Das allgemeine Mißtrauen der preußischen Obrigkeit gegen die Russen richtete sich nun auch gegen Stein, der dazu noch seinem Fürstenhaß unverhohlen Ausdruck gab und überhaupt zu dieser Zeit sich als Republikaner zu entpuppen schien. So gerechtfertigt seine Handlungsweise aus patriotischer Warte sein mochte, so ungeschickt war doch der Versuch, der Provinzialleitung als Außenstehender Befehle zu erteilen.

Trotzdem geschah es ein weiteres Mal, daß Stein nach einem diplomatischen Mißgriff mit einer noch größeren Aufgabe betraut wurde. Die im Frühjahr endlich zustandegekommene antifranzösische Allianz aus Rußland, Preußen, England und Schweden machte ihn zum Präsidenten des Verwaltungsrates für alle von den Franzosen zurückeroberten deutschen Territorien mit Ausnahme Preußens, Hannovers und Österreichs. Das war nun eine wahrhaft überstaatliche Stellung, welche den Freiherrn vom Stein tatsächlich über das „widerwärtige Gesindel“ der Rheinbundfürsten erhoben hätte, wäre nicht noch Österreich hinzugetreten, ohne das dieser Krieg kaum zu gewinnen gewesen wäre, das aber auch die Nachkriegsverhandlungen durch Metternich wieder der üblichen Routine kleinstaatlicher Diplomatie unterwerfen sollte.

Die Ausgestaltung ihrer bisherigen Schöpfungen zu einem lebendigen, dem Individuum und der Gesamtheit genügenden Nationalstaate wurde ihnen* nicht mehr vergönnt, weil die Elemente der alten Staatenwelt, mit denen sie gegen den gemeinsamen Feind zusammengegangen waren, sich jetzt gegen sie kehrten und sie zur Ruhe verwiesen. (60) (* gemeint sind Gneisenau und Stein)

Steins Position in Wien war nur noch ein schwacher Abglanz seiner kurzen, eigentlich auch nur theoretischen Machtstellung der Jahresmitte 1813. Zwar drängte sich dort das Diplomatenvolk um ihn, nachdem schon zuvor die Vertreter der Rheinbündlinge eilfertig bei dem formellen Gouverneur ihrer unterworfenen Länder um Milde nachgesucht hatten; doch war der tatsächliche Einfluß des staatenlosen Mittelsmannes zwischen den streitenden Parteien längst auf die Ebene eines verzweifelt Gehör suchenden Ratgebers abgesunken. Er mochte sich selber die Frage stellen, in welcher Eigenschaft er eigentlich den Verhandlungen beiwohnte, ob als preußischer Minister, als Berater des Zaren oder als Repräsentant der Reichsritterschaft. Gerade die Unentschiedenheit zwischen diesen Rollen ließ seine Bedeutung im Gewirr der einander zuwiderlaufenden Interessen untergehen.

Der Freiherr vom Stein war 1806/07, als „Preußen in seiner tiefsten Erniedrigung […] charaktervollen Männern die Gelegenheit zur Entfaltung und Durchführung ihrer Ideen“ bot (61), zum Politiker geworden, war aus Dilettantismus wieder aus dem Amt geschieden und hatte erst 1812/13 ohne einen echten Hintergrund amtlicher Befugnis als wahrer Staatsmann gehandelt. Nach 1814 wurde er in keine staatliche Funktion mehr berufen, und über der Untätigkeit wurde er in seinem letzten Lebensabschnitt vollends zum abgehobenen Theoretiker der Politik.


V. Politische Romantik, Reaktion und Frühliberalismus

Die Frage nach dem Verhältnis Steins zu den großen politischen Strömungen im angehenden 19. Jahrhundert läßt sich praktisch nach keiner Seite hin eindeutig beantworten. Für die gesamte Zeit seiner unmittelbaren geschichtlichen Wirksamkeit und darüber hinaus gilt, daß er wesentliche Züge der drei oben genannten Richtungen in sich vereinigte, freilich mit zeitweiligen Überhängen nach der einen oder anderen Seite. Es wäre demnach zu stark vereinfachend, ihn während der Ministerzeit als Vertreter der bürgerlichen Emanzipation, für die Zeit der nationalen Erhebung als Repräsentanten romantischen Heldentums Kleist’scher Prägung und nach 1815 nur noch als stumpfen Reaktionär zu betrachten. Obwohl sich die Ziel-Schwerpunkte seiner Tätigkeit, abhängig von der amtlichen Stellung und ausgerichtet an den Erfordernissen der politischen Lage, von Zeit zu Zeit verschoben haben, war er doch nicht in der Lage, die jeweils latent entgegenstehenden Gesichtspunkte seiner Weltanschauung aus dem aktuellen Bewußtseinsstand vollkommen auszublenden. Anders als sein Kollege Hardenberg war er kein politisches Chamäleon, das sich stets der Großwetterlage anpassen und seine Färbung mit dem modischen Hintergrund verändern konnte.

Daß Stein, der nach Ranke „als intellektueller Urheber des Repräsentationssystems in Preußen anzusehen ist“ (62), trotz durchgängiger Tendenzen zur konstitutionellen Monarchie, trotz auch großer Ähnlichkeit mit dem Nationalbegriff des späteren Liberalismus noch nicht als Liberaler gelten darf, hoffe ich bereits in den ersten beiden Kapiteln dieser Arbeit deutlich gemacht zu haben. Dafür stehen seinen bürgerlichen Anwandlungen zuviel Adelsstolz und späterhin zuviel Einverständnis mit der Restauration entgegen. Gleichzeitig aber würde es eine ungerechte Schubladisierung bedeuten, Stein wegen seines späteren Abrückens von den eigenen volkstümlichen Meinungen der Erhebungszeit mit Metternich und den Demagogenverfolgern in dieselbe reaktionäre Ecke zu stellen. Die Distanzierung von dem Verlangen der aufgeputschten studentischen Freiheitsrufer nach Presse- und Redefreiheit hat vermutlich auch damit zu tun, daß er selbst in gewisser Weise zu den Opfern der konservativen Hexenjagd gehörte: Es wurde ihm vom Verein der restaurierten Fürsten lange nachgetragen, daß sein Verwaltungsrat Schmähschriften gegen sie hatte drucken lassen, daß er persönlich zum Sturz mancher Throne aufgerufen hatte. Seither war er bei Metternich und Hardenberg als Jakobiner verschrien. Dem Druck der ’Jugendsünden’, die ihn in keine höhere Stellung mehr kommen ließen, versuchte er nun durch einen Rechtsruck auszuweichen, welcher sich im Alter zusehends verstärkte. Ganz ungebrochen war aber auch diese Tendenz nicht. So hat sich Stein noch in den zwanziger Jahren unter bestimmten Umständen gegen monarchischen Legitimismus gewandt, sich zur englischen und amerikanischen Revolution bekannt und die Befreiungs­bewegungen der südamerikanischen Länder mit Begeisterung verfolgt.

Bei den Südamerikanern wie auch unter den modernen Unabhängigkeitskämpfern in Polen, Irland und Griechenland fand er Heldengestalten, die seiner heroisierenden Ansicht von der Geschichte entsprachen und ihm die Tugenden des deutschen Mittelalters wiederauferstehen ließen. Dieser Hang zum geschönten Bild der salischen und staufischen Kaiserzeit bildet die stärkste Brücke zur Gruppe der romantischen Idealisten um Brentano, Arnim, Kleist und Körner, deren Werke ja auch den deutschen Befreiungskrieg mächtig befeuerten. Metternich warf Stein 1814 spöttisch vor, sich im Zentraldepartement mit „fanatischen Freiwilligen, Literaten und Poeten“ zu umgeben (63). Für den Strategen Stein kam der Einzug der „politischen Mystik“, zu der viele romantische Geister neigten, nachdem sie sich enttäuscht vom vermeintlichen Freiheitsheros Napoleon abgewandt hatten, sicherlich nicht ungelegen. Auch daß ein Hitzkopf wie Jahn hinzugezogen wurde, dürfte im Eifer des Gefechts ein Gebot propagandistischer Nützlichkeit gewesen sein. Immerhin ging die Freundschaft aber so weit, daß Stein zeitweise mit Schlegel gegen die geistigen Errungenschaften der Aufklärung polemisierte. Bei anderer Gelegenheit wiederum legte er ausdrücklichen Wert darauf, die Aufklärung in die bevorstehende Neugestaltung Deutschlands einfließen zu lassen (64). Um das Maß an Widersprüchlichkeit vollzumachen, behauptet Ritter, Steins Nationalempfinden beruhe nicht auf der Versenkung ins Mittelalter, sondern resultiere einfach aus der gutbürgerlichen Moral der Deutschen (65). In der Tat ist bei ihm die Ablehnung von verstiegenem Mystizismus mindestens ebenso klar zu erkennen wie die Wendung gegen einen schroffen Rationalismus, welcher auch gesunde Traditionen angreift. So war die Staatslehre des „Afterpolitikers“ Adam Müller für ihn nichts anderes als „preciös-lächerliches und metaphysisches Kauderwelsch“ (66). Und obgleich Stein selber gläubiger protestantischer Christ war, konnte er sich auch mit dem religiös begründeten Konservatismus der Romantik nicht befreunden, denn dieser war seinem Wesen und seinen Urhebern nach – Novalis, Schlegel, Eichendorff – katholisch. Mit seinem Anspruch, um die Grundfragen der Zeit bemühter Politiker zu sein, nicht Weltverbesserer, war es nicht vereinbar, das Denken abzuschalten:

Ich gestehe, ich halte die Klosteranstalten für den Sitz des Aberglaubens oder eines dummen Hinbrütens oder der Dissolution und Insubordination; ihr Geist ist im Widerspruch mit dem Geist wahrer Religion und der ersten Pflicht des Menschen: gemeinnütziger Thätigkeit. Als Ausfluß des Mönchthums ist der Katholizismus wahre Geisteslähmung. (67)

Im ganzen ist über Steins Verhältnis zur Romantik also festzustellen, daß er ihre literarischen Schöpfungen im einzelnen als Ausdruck der seelischen Befindlichkeit des deutschen Volkes oftmals bewundert hat, ihre Andeutungen politischer Programmatik aber ablehnte, wo diese sich prinzipiell gegen Reformierung der gesellschaftspolitischen Verhältnisse stellte. Überhaupt saßen viele seiner Grundüberzeugungen in ethischen Dingen zeitlebens zu tief, als daß er sich den politischen Strömungen seiner Zeit, soweit sie nicht von ihm selber geprägt waren, wirklich hätte einfügen können. Freiherr vom Stein war insofern ein politischer Einzelgänger, der eher andere mit sich riß, als von Strömungen mitgezogen zu werden.


VI. Nachruhm und geschichtliche Wirkung Steins

Am zutreffendsten ist, wie ich finde, die historische Größe Steins von Wilhelm Mommsen erfaßt worden:

Stein wirkte als Charakter, nicht dadurch, daß er als Staatsmann der Zeit den Stempel seiner politischen Ideen aufdrücken konnte. […] Ein Deutschland im politischen Sinne des Wortes, das durch Stein hätte geführt werden können, gab es nicht. Er vertrat in seiner Zeit das „Deutsche Gewissen“. (68)

Ohne es bereits so klar auszusprechen, haben auch die meisten früheren Stein-Biographen erkannt, daß es nicht so sehr sein politisches Denken und Handeln, sondern vielmehr die persönliche Ausstrahlung war, was ihn zum Inbegriff deutscher Nationaltugenden machte. Wohl aufgrund der Bekanntschaft mit ihm prägte Humboldt das Wort, der Mensch wirke durch das, was er sei, und nicht durch das, was er tue (69). So wurde Stein schon zu Lebzeiten „des Guten Grundstein, des Bösen Eckstein, der Deutschen Edelstein“ (70).

In ihm verkörpert sich noch heute für uns Deutsche das Ideal des freien, aufrechten Mannes, der unbeirrbar nur seiner Überzeugung folgt, der ohne persönlichen Macht- und Geltungsdrang allein im Bewußtsein sittlicher Verantwortung für das Gemeinwohl kämpft. Man hat ihn nicht mit Unrecht einen moralischen Leuchtturm genannt, der aus dem idealistischen Zeitalter in unsere Epoche herüberleuchtet,

so heißt es in den Schlußbemerkungen der großen Stein-Biographie von Gerhard Ritter. Dort steht aber auch zu lesen, daß „sehr vieles, vielleicht das meiste von dem, was in unserer Zeit zu seinem Lobe gesagt wird, in den Bereich historischer Mythenbildung gehört.“ Und Ritter sieht ganz deutlich, wie gering die eigentliche politische Hinterlassenschaft seines Helden war (71). Vom Torso des preußischen Reformwerks, das dem Freiherrn später die Bewunderung von Historikern aller Couleur einbringen sollte, das ihn so auch beinahe für jede Partei reklamierbar machte, war schon beim Tode Hardenbergs nicht mehr viel übriggelassen. Fast ebenso folgenlos blieb der Einsatz im Jahr 1813:

So lief das Zeitalter der Erhebung aus – unbefriedigend in seinem Endergebnis, wenn man das Gewollte mit dem Erreichten vergleicht; zugleich auch in sich von einem Riß durchzogen, indem seine Führer zu sehr Persönlichkeiten waren, um ihre starken individuellen Bedürfnisse und Ideale mit denen des Staates ganz harmonisch vereinigen zu können. (72)

Die Befreiung war zum großen Teil Steins Verdienst, daß sie aber nicht in die Freiheit führte, ebenso auch mit seine Schuld. Er hat Deutschland nicht vor den Fürsten retten, die deutsche Einheit nicht durchsetzen können, hat stattdessen die endgültige Aufteilung Deutschlands vorausgeahnt, wie sie dann 1871 geschah, indem Österreich durch die „kleindeutsche Lösung“ ausgesperrt wurde. Man gar könnte meinen, Stein habe mit seinen verwirrenden Ideen 1814 in Wien den späteren, durch Otto von Bismarck bestimmten deutschen Irrweg in die nationale Spaltung vorgezeichnet.

In geistesgeschichtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht dagegen ging die Entwicklung nach Steins Tod so stürmisch voran, daß seine Vorstellungen von einem ständisch geordneten Reich bereits 1848 vollkommen antiquiert erscheinen mußten. Seine Reformideen vom Anfang des Jahrhunderts erwiesen sich als politische Sackgasse, indem die Deutsche Revolution nicht an sie, sondern im wesentlichen an die französischen Vorbilder von 1830 und 1848 anschloß. Es konnte angesichts der Industrialisierung, die ein immer rascher wachsendes Proletariat hervorbrachte, angesichts auch des Aufschwungs, den das bürgerliche Selbstbewußtsein innerhalb kurzer Zeit genommen hatte, kaum anders geschehen; denn beide Entwicklungen waren in Steins letztlich immer aristokratisch gebliebener Weltanschauung nicht vorgesehen gewesen. Clausewitz, der ihm nur wenige Monate später im selben Jahr 1831 folgen würde, meinte bei der Nachricht vom Tode des Freiherrn vom Stein:

Ich glaube, daß er die Welt gern verlassen hat; denn er sah viele Dinge mit ebenso trostlosen Blicken an als ich und fühlte, daß er nichts mehr gegen das Üble in der Welt zu leisten vermöchte. (73)

 

Anmerkungen

  1. von Raumer, S. 528
  2. siehe Ritter, S. 103 - 106
  3. zitiert nach von Raumer, S. 529
  4. Besonders Botzenhart II hebt mehrfach, z.B. S. 65, auf die Unüberbrückbarkeit der Gegensätze zwischen Steins Staatsauffassung und den Gedanken der frz. Revolution und der Aufklärung ab. Auch Gembruch, S. 232, behauptet noch, Stein sei im Unterschied zu Rehberg und Brandes stets ein entschiedener Gegner der Revolution gewesen.
  5. vgl. Ritter, S. 75
  6. Zitat Stein nach Botzenhart II, S. 61 und 65
  7. vgl. Gembruch, S. 238 - 244, über Steins Haltung zur Juli-Revolution von 1830
  8. siehe Ritter, S. 74
  9. Botzenhart I, S. 7
  10. vgl. Ritter, S. 183
  11. Ritter, S. 279
  12. siehe Meinecke, S. 122
  13. vgl. Botzenhart II, S. 243
  14. Mommsen, S. 32/33, weist allerdings darauf hin, Stein habe aus seinem Wissen um die soziale Problematik für besitzlose Landarbeiter und Stadtproletariat keine weiteren Folgerungen gezogen.
  15. siehe Ritter, S. 109 - 111
  16. Steins Verknüpfung von Besitz und politischem Einfluß gründet sich auf die Ansicht, der Staatsbeamte müsse ehrenamtlich seine Aufgabe er füllen und daher wirtschaftlich unabhängig sein, um Unbestechlichkeit zu gewährleisten.
  17. vgl. Mommsen, S. 30
  18. aus der „Geschichte des Zeitraumes von 1789 bis 1799“, zitiert nach Botzenhart II, S. 63
  19. vgl. Botzenhart II, S. 243
  20. Mommsen, S. 32
  21. siehe Hubatsch I, S. 122 - 124
  22. Ritter, S. 415
  23. zitiert nach Prignitz, S. 109
  24. Arndt, Soldatenkatechismus, S. 11/12
  25. über das Verhältnis Steins zu Arndt vgl. Ritter, S. 396 - 398
  26. zitiert nach Ritter, S. 401
  27. vgl. Mommsen, S. 28
  28. vgl. Conrad, S. 26
  29. zitiert nach Hubatsch II, S. 32
  30. zitiert nach Hubatsch II, S. 33
  31. Schieder, S. 12
  32. Gembruch, S. 10
  33. zitiert nach Botzenhart 1, S. 24
  34. vgl. Gembruch, S. 11
  35. Ritter äußert sich S. 494 beinahe erschüttert über das unabwendbare Scheitern der Verfassungsverhandlungen: „Alles in allem ein seltsames Ergebnis so endloser Beratungen! Man hat es mit Recht einen erschütternden Beweis für die Unmöglichkeit, unter so unreifen äußeren Verhältnissen das nationale Problem auch nur halbwegs befriedigend zu lösen, genannt. Der eifrigste Patriot und der erfahrenste und geschickteste Politiker, die Deutschland damals besaß, unterstützt von einem der tiefsten und reichsten Geister der Epoche, brachten in gemeinsamer Arbeit nichts Besseres zustande als ein Verfassungswerk, dem man seine praktische Undurchführbarkeit auf den ersten Blick ansieht.“
  36. Mommsen, S. 14
  37. vgl. Prignitz, S. 56
  38. vgl. Schieder, S. 13
  39. Hubatsch II, S. 42
  40. zitiert nach Rößler, S. 459
  41. Ritter, S. 513
  42. siehe Hubatsch IV, S. 128
  43. zitiert nach Ritter, S. 330
  44. Ritter, S. 396
  45. Brief an Graf Münster vom 1. 12. 1812, „Briefe“, S. 329
  46. Botzenhart I, S. 16
  47. Herre, S. 32
  48. zitiert nach Ritter, S. 310
  49. zitiert nach Hubatsch IV, S. 136/37
  50. siehe Ritter, S. 470/71
  51. vgl. Gembruch, S. 233 - 235
  52. Mommsen, S. 13
  53. vgl. Meinecke, S. 119
  54. siehe Ritter, S. 422/23
  55. Ritter, S. 211
  56. vgl. Botzenhart II, S. 244
  57. so jedenfalls die Mutmaßung von Meinecke, S. 113, der Steins Motive für die Politik der Anbiederung an Napoleon andernfalls „schwer zu durchdringen“ findet; vgl. auch S. 111
  58. zitiert nach Ritter, S. 361
  59. vgl. Ritter, S. 427
  60. Meinecke, S. 127
  61. Hubatsch II, S. 41/42
  62. zitiert nach Ritter, S. 197
  63. zitiert nach Ritter, S. 464
  64. Stein in einer Denkschrift vom 18. September 1812: „Statt die deutsche Verfassung des westfälischen Friedens mit ihrem territorialstaatlichen Partikularismus herzustellen, würde es dem allgemeinen Besten Europas und dem besonderen Deutschlands unendlich angemessener sein, die alte Monarchie wieder aufzurichten, ein Reich zu bilden, welches alle sittlichen und physischen Bestandteile der Kraft, Freiheit und Aufklärung enthielte, und dem unruhigen Ehrgeiz Frankreichs widerstehen könnte“; zitiert nach Prignitz, S. 120
  65. vgl. Ritter, S. 375
  66. zitiert nach Ritter, S. 376
  67. zitiert nach Ritter, S. 97
  68. Mommsen, S. 13
  69. siehe Mommsen, S. 13/14
  70. vgl. von Raumer, S. 499
  71. Ritter, S. 536/37
  72. Meinecke, S. 136
  73. zitiert nach Gembruch, S. 244

Literaturverzeichnis

  • Aretin, Karl Otmar Freiherr von: Vom Deutschen Reich zum Deutschen Bund, Göttingen 1980
  • Arndt, Ernst Moritz: Kurzer Katechismus für Teutsche Soldaten, 1812 (Nachdruck Ost-Berlin 1988)
  • Arndt, Ernst Moritz: Der Rhein, Teutschlands Strom, aber nicht Teutschlands Grenze, 1813 (Ausgabe Dresden 1921)
  • Botzenhart, Erich: Deutsche Revolution 1806/1813, Hamburg 1940 (in den Anmerkungen „Botzenhart I“)
  • Botzenhart, Erich: Die Staats- und Reformideen des Freiherrn vom Stein, Tübingen 1927 (in den Anmerkungen „Botzenhart IV’)
  • Conrad, Hermann: Freiherr vom Stein als Staatsmann im Übergang vom Absolutismus zum Verfassungsstaat; in: Osteuropa und der deutsche Osten, Köln 1958
  • Gembruch, Werner: Freiherr vom Stein im Zeitalter der Restauration, Wiesbaden 1960
  • Herre, Franz: Nation ohne Staat, Köln/ Berlin 1967
  • Hintze, Otto: Stein und der preußische Staat; in: Historische Zeitschrift 94/1905 , S. 412 - 446
  • Hubatsch, Walther: Stein, Schill und der Aufbruch von 1809; in: Stein-Studien, Köln/ Berlin 1975 (in den Anmerkungen „Hubatsch I“)
  • Hubatsch, Walther: Reichsfreiherr Karl vom Stein 1757-1831; in: Stein-Studien, Köln/ Berlin 1975 (“Hubatsch II“)
  • Hubatsch, Walther: Stein und die deutsche Erhebung von 1813; in: Stein-Studien, Köln/ Berlin 1975 (“Hubatsch III“)
  • Hubatsch, Walther: Stein in Böhmen und Mähren 1809-1812; in: Stein-Studien, Köln/ Berlin 1975 (“Hubatsch IV“)
  • Klein, Ernst: Von der Reform zur Restauration. Finanzpolitik und Reformgesetzgebung des preußischen Staatskanzlers Karl August von Hardenberg, Berlin 1965
  • Meinecke, Friedrich: Das Zeitalter der Deutschen Erhebung (1795-1815), 1906, 7. Aufl. Göttingen 1957
  • Mommsen, Wilhelm: Stein, Ranke, Bismarck. Ein Beitrag zur politischen und sozialen Bewegung des 19. Jahrhunderts, München 1954
  • Prignitz, Christoph: Vaterlandsliebe und Freiheit. Deutscher Patriotismus von 1750 bis 1850, Wiesbaden 1981
  • Raumer, Kurt von: Der junge Stein; in: Historische Zeitschrift 184/ 1957 S. 497 - 530
  • Ritter, Gerhard: Freiherr vom Stein. Eine politische Biographie, 1931/1958, Ausgabe Frankfurt a.M. 1983
  • Rößler, Hellmuth: Deutsche Geschichte, Gütersloh 1961
  • Schieder, Theodor: Das Jahr 1813 und das heutige Europa; in: Das Jahr 1813 und der Freiherr vom Stein, Münster 1963
  • Schulin, Ernst: Die Französische Revolution, 2. Aufl. München 1989
  • Spies, Hans-Bernd: Die Erhebung gegen Napoleon 1806 - 1814/15 (Quellensammlung), Darmstadt 1981
  • Stein, Karl Freiherr vom: Ausgewählte politische Briefe und Denkschriften, herausgegeben von Erich Botzenhart und Gunther Ipsen, Stuttgart 1955

B.G. Niebuhr

 


Autor:
Datum/Letzte Bearb.: 1991/2022