1870/71 |
"Deutsch-Französischer
Krieg" und Gründung des Zweiten Kaiserreichs:
auf Grund der französischen Kriegserklärung an Preußen
greift die preußische Armee an, erobert in wenigen Wochen
Paris und setzt den Kaiser Napoleon III. gefangen; nach Bismarcks
Verhandlungen mit den deutschen Fürsten wird noch während
des Krieges im Januar 1871 im Spiegelsaal des Versailler Schlosses
das Deutsche Reiche neugegründet und Wilhelm I. von Preußen
zum Kaiser gekrönt;
Bismarck setzt gegen "großdeutsche" Bestrebungen
durch, daß Österreich von der Reichsgründung
ausgeschlossen wird |
General
Reille überreicht Wilhelm I. die Kapitulation des französischen
Kaisers
Kaiser
Wilhelm I. überließ während seiner Herrschaft
(1871 - 1888) dem Kanzler Bismarck das Regieren.
August
Bebel, der Gründer der Sozialdemokratie, blieb bis zu
seinem Tod 1913 die bestimmende Persönlichkeit seiner
Partei
Carl
Benz (1844 - 1929) baute 1885 das erste motorgetriebene Automobil
Benz-Motorwagen
(1886)
Kaiser
für 100 Tage: Friedrich III. von Hohenzollern
"Der
Lotse geht von Bord" - Karikatur über die Entlassung
Bismarcks durch Kaiser Wilhelm II.
Großadmiral
Alfred von Tirpitz, Organisator der deutschen Flottenrüstung
und wichtigster Exekutor der kaiserlichen Kolonialpolitik
Die
Ermordung des österreichischen Kronprinzen-Paares in
Sarajewo
Kaiser
Franz Joseph von Österreich
Kaiser
Wilhelm II.
Philipp
Scheidemann, der Nachfolger Prinz Max von Badens, erster Kanzler der Weimarer Republik
Karl
Liebknecht
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1871 |
Ende des Krieges durch den Vorfrieden
von Versailles (im Februar) und den Friedensschluß von
Frankfurt (Mai): Frankreich muß Elsaß-Lothringen
wieder an Deutschland abtreten und 5 Mrd. Francs Kriegsentschädigung
zahlen |
1871 bis 1878 |
im sogenannten "Kulturkampf"
versucht Reichskanzler Bismarck, durch repressive Gesetze den
politischen Katholizismus und das Jesuitentum in die Schranken
zu weisen - weitgehend erfolglos, wie der beständige Zuwachs
für die Abgeordneten-Fraktion der antiliberalen und reaktionären
Zentrumspartei im Reichstag bis 1907 zeigt |
1875 |
Gründung der "Sozialistischen
Arbeiterpartei Deutschlands" (SAP), die sich 1890 in "Sozialdemokratische
Partei Deutschlands" (SPD) umbenennt; führende Köpfe
der sozialistischen Bewegung sind seit den 60er Jahren August
Bebel und Karl Liebknecht |
1878 |
beunruhigt von den Wahlerfolgen der
Arbeiterpartei, läßt Bismarck den Reichstag ein Gesetz
"wider die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie"
beschließen (sog. Sozialistengesetze): Verbot von
sozialistischen Zeitungen und Vereinigungen (bis 1890) |
1879 |
Abschluß des bis 1918 gültigen
"Zweibunds", eines Beistandsvertrags mit Österreich-Ungarn
für den Fall eines russischen Angriffs; durch den Beitritt
Italiens 1882 bildet sich hier bereits die anfängliche
Bündniskonstellation des ersten Weltkriegs heraus |
1883 bis 1889 |
Einführung der weltweit fortschrittlichsten
Sozialgesetze: |
1883 |
Krankenversicherungen für Arbeiter (Beitragszahlung
zu gleichen Teilen durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber) |
1884 |
Arbeiter-Unfallversicherung (ohne Arbeitnehmer-Anteil) |
1889 |
Renten- und Invalidenversicherung (Rentenbezug ab 70
Jahren bzw. bei Arbeitsunfähigkeit - Beiträge
je zur Hälfte von Arbeitern und Unternehmern) |
Bismarcks Zielsetzung, die Arbeiterschaft
mit dem Staat zu versöhnen und die sozialistischen
Organisationen zu schwächen, erfüllt sich nur
zum Teil |
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1884/85 |
Bismarck gibt seinen Widerstand gegen
den Erwerb von Kolonien auf:
Deutsch-Südwestafrika (Namibia), Togo, Kamerun, später
auch Deutsch-Ostafrika (Tansania) und einige Atolle in der Südsee
werden zu "Schutzgebieten" des Reiches erklärt |
1888 |
"Dreikaiserjahr":
Tod Kaiser Wilhelms I. ; sein Sohn und Nachfolger, Friedrich
III., stirbt nach drei Monaten ebenfalls; Thronbesteigung
des 29-jährigen Kaisers Wilhelm II.
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1890 |
Bismarck sieht sich durch politische
Unstimmigkeiten mit dem neuen Kaiser, der nicht wie sein Großvater
dem Kanzler das Regieren überlassen, sondern selber die
Leitlinien der Politik festlegen will, veranlaßt, sein
Rücktrittsgesuch einzureichen - mit seiner Entlassung am
20. März endet die Ära des "Eisernen Kanzlers" |
1897 |
das chinesische Kiautschou-Gebiet
wird deutsche Kolonie (Pachtvertrag auf 99 Jahre); binnen 17
Jahren bauen deutsche Kaufleute, Beamte und Marineoffiziere
den Hafen Tsingtau zu einer Handelsstadt mit vorbildlicher Infrastruktur
aus - 1914 übernehmen die Japaner Tsingtau |
seit 1898 |
auf Betreiben des Kaisers und seines
Admirals Alfred von Tirpitz Erlaß einer Reihe von Flottengesetzen
und Bau vieler neuer Schiffe zur Verstärkung der Marine,
welche den Überseehandel besser schützen soll - Deutschland
tritt als Seemacht in Konkurrenz zum englischen Kolonial-Weltreich |
1900 |
das bis heute in weiten Teilen gültige
"Bürgerliche Gesetz-Buch" (BGB), das erste einheitliche
Zivilrecht für ganz Deutschland, wird eingeführt |
1908 |
Annexion der ehemals türkisch
Besetzten Gebiete Bosnien und Herzegowina durch Österreich-Ungarn |
1914 (28. Juni) |
Ermordung des österreichischen
Thronfolgers Franz Ferdinand und seiner Frau während eines
Besuchs in Sarajewo durch einen serbischen Terroristen |
1914 |
"Julikrise":
die österreichische Regierung verlangt von Serbien die
Auslieferung des Attentäters und die Verfolgung seiner
Hintermänner in Serbien; die serbische Regierung erfüllt
die ultimativen Forderungen Österreichs nur teilweise,
und nach einer Beistandszusage Kaiser Wilhelms II. erfolgt
am 28. Juli die Kriegserklärung Wiens an Belgrad
|
1914 (Juli/August) |
eine aus dem Bündnissystem resultierende Kettenreaktion führt
zum ersten Weltkrieg:
Rußland, auf serbischer Seite stehend, erklärt Österreich
den Krieg, daraufhin mobilisiert das Deutsche Reich gegen Rußland
und seinen Verbündeten Frankreich, marschiert in Belgien ein,
womit auch für England der Bündnisfall eintritt; die englische
Kriegserklärung an Deutschland erfolgt am 4. August;
;
alle Parteien im Reichstag einschließlich der Sozialdemokratie
stimmen den Vorschlägen der Regierung zur Finanzierung des
bevorstehenden Krieges zu
|
1914/15 |
der deutsche Angriff im Westen fährt sich in der Marne-Schlacht
und bei Verdun zu einem Stellungskrieg gegen die englisch-französischen
Truppen fest;
im Osten schlägt General Paul von Hindenburg bei Tannenberg
und in mehreren anderen Schlachten die russischen Armeen
|
1915 |
im Seekrieg gegen England versenkt
ein deutsches U-Boot den Passagierdampfer "Lusitania",
wobei auch 120 amerikanische Staatsbürger sterben |
1916 (November) |
Tod Kaiser Franz Josephs von Österreich,
des ältesten Monarchen in Europa (Kaiser seit 1848) |
1916 (Dezember) |
Deutschland und seine Verbündeten
unterbreiten den Entente-Mächten Großbritannien
und Frankreich durch Vermittlung der USA ein Friedensangebot
ohne nähere Bedingungen, das aber abgelehnt wird |
1917 |
nach einer Phase der Zurückhaltung
nimmt die deutsche Marine den U-Boot-Krieg im Atlantik wieder
auf - da immer wieder auch der englisch-amerikanische Zivilverkehr
davon betroffen ist, treten die USA auf der Seite der Westalliierten
in den Krieg gegen Deutschland ein |
1918 (März) |
unter dem Druck völliger Erschöpfung
und der inneren revolutionären Vorgänge seit dem Oktober
1917 zieht Rußland sich durch den "Frieden von Brest-Litowsk"
aus dem Krieg zurück; Lenin muß große Gebiete
in Osteuropa abtreten bzw. in die Unabhängigkeit entlassen |
1918 (September) |
nach dem Scheitern der "Frühjahrsoffensive"
in Frankreich und dem Vorrücken alliierter Truppen seit
Juli/August gesteht Generalstabschef Ludendorff ein, daß
der Krieg für Deutschland nicht mehr zu gewinnen sei |
1918 (Oktober) |
Waffenstillstandsangebot des neuen
Reichskanzlers Max von Baden an die Alliierten, in dem er sich
auf den 14-Punkte-Friedensplan des amerikanischen Präsidenten
Wilson beruft |
1918 (November) |
das Ende des Wilhelminischen Kaiserreichs:
Meuterei von Matrosen in Wilhelmshaven und anderen Kriegshäfen;
zusammen mit aufständischen Arbeitern werden von den
Meuterern "Arbeiter- und Soldatenräte" gebildet
- der Bolschewismus droht von Rußland auf Deutschland
überzuspringen;
unter dem Eindruck der allgemeinen Kriegsmüdigkeit und
der revolutionären Volksstimmung tritt Prinz Max von
Baden zurück, der Kaiser dankt am 9. November ab und
geht nach Holland ins Exil
|
1918 (9. November) |
Ausrufung der Republik:
am Tag der Abdankung Kaiser Wilhelms II.
; die 1916 als Abspaltung von der SPD entstandenen
kommunistischen "Spartakisten" Karl Liebknechts versucht
durch eine zweite Republik-Verkündung, den Zusammenbruch der
Monarchie für die Eröffnung der Revolution auszunutzen |
1918 (11. November) |
Besiegelung des Waffenstillstands
an Fronten - der Krieg ist beendet |
1919 (22. Juni) |
in Weimar beschließt die Nationalversammlung
die neue Verfassung (daher der Name "Weimarer Republik") |
1919 (28. Juni) |
"Versailler Friedensvertrag":
angesichts der Drohung der Alliierten, den Krieg erneut zu
eröffnen und nach Deutschland einzumarschieren, sieht
die SPD-Regierung sich gezwungen, das von den Siegern allein
ausgehandelte und den Deutschen ohne Mitspracherecht diktierte
Vertragswerk zu unterzeichnen;
die erpreßte Annahme des Versailler Diktats belastet
die Republik und ihre Akzeptanz in der Bevölkerung von
Anfang an schwer; die Hauptbestimmungen lauten:
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1. |
der Kaiser sowie mehrere Generäle und
Politiker sollen als "Kriegsverbrecher" ausgeliefert
werden |
2. |
Deutschland muß rund 70.000 km²
Territorium abtreten, hauptsächlich an Polen, Frankreich
und Belgien |
3. |
die deutsche Stadt Danzig wird unter Völkerbundsmandat
gestellt und damit polnischem Einfluß ausgeliefert |
4. |
alle deutschen Kolonien müssen an die
Siegermächte abgegeben werden |
5. |
sämtliches Kriegsmaterial ist an die
Alliierten auszuliefern |
6. |
die künftige deutsche Armee bleibt
auf ein Berufsheer von 100.000 Mann beschränkt |
7. |
alle alliierten Kriegsgefangenen müssen
von Deutschland sofort freigelassen werden, während
die deutschen Gefangenen erst später heimkehren dürfen |
8. |
große Teile des deutschen Rheinlandes
sollten auf unbestimmte Zeit von französischen und
englischen Truppen besetzt bleiben |
9. |
Deutschland (und seinen Verbündeten) wird
die alleinige Kriegsschuld zugewiesen, mit der Konsequenz, daß
es Reparationszahlungen in Höhe von 269 Milliarden Goldmark
in 42 Jahresraten zu zahlen haben würde (1921 revidiert:
132 Mrd.) |
10. |
Österreich muß Südtirol
an Italien abtreten und darf sich nicht mehr an das Deutsche
Reich anschließen; die Donaumonarchie wird zerstückelt
und in autonome Kleinstaaten aufgelöst |
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